Mein Meister aus Düsseldorf lädt jedes Jahr zum Martial Arts Camp nach Buriram/ Thailand ein. Und da ich eine Art Extraeinladung erhalten habe, lies ich es mir nicht entgehen dreieinhalb Wochen mit ihm und seinem Großmeister im Osten von Thailand zu verbringen. Mit einer regulären Teilnehmerin des Camps trafen wir uns am Flughafen und fuhren sechs Stunden in das bescheidene Dorf Khok Klang. Die Fahrtzeit habe ich tatsächlich nicht wahrgenommen, da ich viel zu gespannt den Geschichten der beiden Kampfkunstmeister lauschte und gebannt beobachtete wie mein, sonst sehr dominanter und vor allem autoritärer Meister, plötzlich in Gegenwart und Kontakt mit Seinem Großmeister zum bescheidenen, sich zurücknehmenden und unterordnenden Schüler wurde! An einer Tankstelle auf halber Strecke trafen wir einen Elefanten. Ich weiß nicht wie häufig dergleichen in Thailand vorkommt, ich habe jedenfalls auf den insgesamt ca 4000km die ich durchs Land gereist bin, nur dieses eine Mal einen Elefanten an einer Tankstelle angetroffen. Elefanten tanken nämlich nicht. Nun weiß ich dass ich schon eine signifikante Anziehungskraft für außergewöhnliche Begebenheiten habe, aber wie sich in den nächsten Wochen herausstellen sollte, potenziert sich dies wenn man mit meinem Meister unterwegs ist! In Khok Klang angekommen wurden wir von des Großmeisters Frau und drei Hunden sowie zwei Wasserbüffeln begrüßt und drei außerordentlich intensive und ereignisreiche Wochen begannen. Das Dorf ist sehr beschaulich. Bunt bemalte Holzhäuser auf Stelzen, die Menschen in ihren Hängematten und Bales auf den Veranden. Einige Frauen machen Perücken. Reisfelder bilden die Landschaft. Jedes zweite Wohnhaus hat einen kleinen Laden im Erdgeschoss. Und ich frage mich wer diese ganzen Sachen kauft, wenn fast jeder einen eigenen Laden hat???
Es gibt zwei Tempel. Und das Camp bietet kostenlose Quads an mit denen man sich binnen 2 Minuten komplett mit Matsch bespritzen kann. Kurz nach Sonnenuntergang schwirrten wahre Invasionen epischen Ausmaßes an geflügelten Viechern um alles was leuchtet! Sie paarten sich, schmissen ihre Flügel ab und verschwanden wieder. Hinterließen aber einen dichten Teppich an Insektenflügeln unter den Lampen. Jede Menge Chitin, vielleicht hätte man was draus basteln können??? Zu später erkannt…
Als Dank für die Einladung ins Camp revanchierte ich mich indem ich die Homepage für das Camp gestaltete, viele viele Fotos machte, sowie eine Wand des Schlafsaals mit dem Buddhakopf aus Ayutthaya bemalte, während die regulären Campteilnehmer täglich zwei Einheiten Muay-Thai Training absolvierten. Zudem hatte ich die Ehre ein besonderes Kung Fu Modell von meinem Meister zu erlernen, dass ich seit dem täglich übe. Allerdings erst nachdem er mir zur Begrüßung ein Hämatom am Oberschenkel und irgendwas anderes am Ellenbogen verpasst hast. So ist das. Bei ihm muss man zuallererst lernen mit Schmerzen umgehen zu können. Ich hoffe ich lerne diese Lektion bald! Der Großmeister erschlug vor meinen Augen eine Schlange. Der Meister und ich wollte sie häuten und ein Armband draus machen, aber die Hausherrin war dagegen eine Schlange auf dem Grundstück zu haben da dies Unglück bringe. Echt schade. Wäre ein sehr schönes grünes Armband geworden, und da diese Schlange so oder so getötet werden müsste, da sie sehr giftig und aggressiv war, hätte ich auch nichts dagegen gehabt es zu tragen. Nächstes Mal! Die Meisterin rettete eine Schildkröte vor dem Kochtopf. Sie wurde auf einem Markt zum Verkauf angeboten, und nach dem wir sie kauften, ich mit ihr die Fahrt über kuschelte und mein Meister sie Aristoteles getauft hatte, hat die Meisterin sie in einem Wasser-Schilf-Reisfeld freigelassen. Am Wochenende machten wir einen Ausflug nach Phanum Rung zu einem Angkor Wat-ähnlichen Tempel auf einem kleinen Berg und mein Meister und ich beschlossen das nächste Wochenende zusammen nach Kambodscha zu reisen und das originale Angkor Wat zu besuchen.

Die Meisterin entlässt Aristoteles wieder in die Freiheit. Hoffentlich lässt er sich nicht schon wider fangen…
Gesagt – getan! Wir packten ein paar Sachen, mieteten uns einen Pickup, kauften uns nen fabelhaften Thai-Eiskaffee, aßen ein großartiges Grill-Honig-Hünchen und fuhren erst mal eine Stunde in die falsche Richtung… Dann fuhren wir zur kambodschanischen Grenze, die ich schon kannte, da ich direkt nach Ankunft in Buriram erst mal einen „Visarun“ absolvieren musste da mein Visum abgelaufen war. Der Visarun war witzig: Aus Thailand auschecken, d.h. Passnummer, Adresse, Personalien ausfüllen, Ausreisestempel bekommen. In Kambodscha ein Visa on Arrival beantragen, d.h. Passnummer, Adresse, Personalien ausfüllen, Visastempel bekommen. Nach Kambodscha einreisen, also Passnummer, Adresse, Personalien ausfüllen, Einreisestempel bekommen. Nun wieder in Thailand Visa on Arrival beantragen: Passnummer, Adresse, Personalien ausfüllen, Visastempel bekommen. Zu guter Letzt nach Thailand einreisen, wofür man, wer weiß es? – Passnummer, Adresse und Personalien angeben muss um einen Einreisestempel zu bekommen!!! Man läuft buchstäblich im Quadrat! Zwischendurch wird immer mal wieder versucht abzukassieren, aber glücklicherweise akzeptieren es die Beamten einfach wenn man sagt dass man die jeweilige „Gebühr“ sonst nie bezahlen musste und es auch jetzt nicht tun wird. Na ja, von einem musste ich kurz ein Portrait zeichnen:-) Die Einreise diesmal war also ein Klacks! Leider kamen wir erst spät abends an der relativ verlassenen, düsteren Grenze an und wurde sofort von Taxifahrern belagert die horrende Summen dafür haben wollten uns nach Siem Reap zu fahren. Wir ließen es locker angehen, bestellten einen Kaffee und setzen uns. Nach ca 10 min relaxtem Kaffeegenuss hat sich der Preis mysteriöserweise von ganz alleine halbiert. Unser Fahrer musste offenbar eh nach Siem Reap fahren und war bereit uns mitzunehmen. Das Auto, ein Prachtexemplar aus mit Tesafilm zusammengeklebten Einzelteilen, wurde nach 20 km schon von einem mit Flutlicht ausgestattetem SUV angehalten dessen bewaffnete Insassen unseren Kofferraum kontrollieren wollten. Er war leer, da wir unsere Tasche bei uns auf der Rückbank deponiert hatten, und man ließ uns diskussionslos weiterfahren. Nachdem der Fahrer kurze Zeit später erneut anhielt, mein Meister schon die Beschützer-Kampfhaltung eingenommen hatte da die Situation mitten im kambodschanischen Nirgendwo in völliger Dunkelheit etwas bedrohlich wirkte und wir keine Ahnung hatten warum der Fahrer wieder anhielt, ruckelte dieser plötzlich laut und heftig an unserer Scheibe! Mit einem Ruck fiel sie runter und wir begriffen dass auch diese mit Tesafilm oben angeklebt war und unser Fahrer uns lediglich mit der landestypischen Klimaanlage „offene Fenster“ bekannt machen wollte. Erleichtert und doch sehr angespannt starrten wir die Fahrt über aus der Frontscheibe: Eine Straße, deren Abschnitt von unserem Scheinwerferlicht beleuchtet wurde, umgeben von dichtem, satten Weltraumschwarz, schlängelt sich in für die Verhältnisse horrender Geschwindigkeit zu landestypischer Kambodschamusik vor uns. Aus dem Fenster weht ein leichter, bisweilen intensiverer Geruch nach Opium, der den SUV erklärt. Kurve um Kurve nichts als Schwarz und Straßenstückchen und Kambodschamusik. Wir fühlten uns wie in einem Quentin Tarantinofilm! Original. Im Grunde wäre ich über nichts überrascht. Im Geiste gehe ich einige der Horrostorys aus den Medien durch, von Trickbetrügern die ein liegengebliebenes Fahrzeug simulieren um die Hilfsbereitschaft von Touristen auszunutzen und sie zu überfallen sobald sie ihr Auto anhalten um zu helfen. Da sehe ich ein liegengebliebenes Fahrzeug mitten in der schwarzen, nach Opium riechenden Pampa und kann es nicht glauben das der Fahrer tatsächlich anhält! Aber hey, ich hab nen Kampfkunst-Transformer an meiner Seite, vielleicht ist es Zeit für ne Jacky-Chan-Kampfszene in unserem Tarantinofilm?? Naja. Das Auto hat keinen Zündfunken, wie mein Meister mir erklärt nachdem er sich den Wagen angeschaut hat, und wird heute voraussichtlich nicht mehr fahrtüchtig gemacht werden können. Unser Fahrer hat dies wohl auch erkannt und beginnt damit das Auto zum Abschleppen vorzubereiten. Von wegen Trickbetrüger und Überfall. Scheiß Paranoia. Aber definitiv ist die Situation, einen kaputten Wagen mit einem noch kaputteren Wagen auf einfach verdammt kaputten Straßen mitten in der kambodschanischen Drogenküche bei Nacht und völliger Dunkelheit satte 100 km nach Siem Reap (höchstwahrscheinlich mit Tesafilm!) abzuschleppen, immer noch absurd genug um als Tarantino durchzugehen . Vor allem wegen der Musik! Und ich krieg das Grinsen nicht aus dem Gesicht. Der Fahrer war großartig, wir haben kein einziges Mal bemerkt dass wir ein anderes Fahrzeug abschleppen und kamen gut vor ran. In der Stadt angekommen checkten wir in einem netten Hotel ein, besorgten uns etwas Landeswährung, und aßen etwas auf der Straße, wo wir auf einen indischen Traveller trafen den mein Meister innerhalb weniger Minuten dazu brachte heulend zu versprechen wieder Tai Chi zu praktizieren, und hinterher völlig überrascht war als ich ihn Prediger nannte. Worauf ich nicht vorbereitet war, war es morgens die Vorhänge im Zimmer zurückzuziehen und etwa 60 ausgewachsene, riesige Krokodile 10 m vor meinem Fenster vorzufinden. Krokodilfarm. Direkt vor meinem Fenster!
Ich genoss mein erstes und bisher einziges Croissant auf meiner Reise beim Frühstück und wir organisierten uns ein TukTuk das uns durch die Tempelanlage von Angkor fahren sollte. Unser Fahrer konnte überraschenderweise gut englisch und erzählte und erklärte uns eine ganze Menge während der Fahrt. Der Eintritt zur Tempelanlage betrug satte 20US-$ pro Person. Man weiß wie man aus der einzigen Touristenattraktion des Landes Profit schlägt. Unsere erste Station war das Berühmte Angkor Wat. UNESCO Weltkulturerbe und dementsprechend von Touristen komplett belagert. Ein Foto ohne bunte Bierwerbung-T-Shirts, gefälschte Pradataschen, Sonnenschirme, Guide-Fähnchen und Hüten mit Schleifchen ist kaum machbar. Es sei denn man hat zufälligerweise einen wieder einmal souveränen Kampfkunstmeister dabei der mal eben einen Gang sperrt damit man ein Foto ohne Touris schießen kann. Vielen Dank dafür!:-)

schlaue Hutverkäuferin, rief uns beim Namen, irgendwo muss sie mitbekommen haben wie wir heißen, dabei sind wir grade erst in Angkor angekommen!
Angkor Wat ist beeindruckend, wunderschön, reich verziert, ein gesundes Maß an Zerstörung und erhalten gebliebenen Details, architektonisch eindrucksvoll! Dennoch leider ziemlich stressig aufgrund der riesigen Touristengruppen. Mein Meister und ich setzen uns an ein Fenster in einem ruhigen Gang des Gebäudes und genossen ein wenig die Kühle und Stille. Fern von dem Trubel spürt man dann auch eher den „Genius Loci“, den Geist der Ortes. Die Reliefs und Fresken an den Wänden erzählen von Göttern und Geistern, Kriegern und Wächtern, Dämonen und Tänzern, Garudas und Hanumans, Symbolen, Zeichen, Diagrammen… Was mich besonders bezaubert hat ist das Licht. Der Graue Stein im Alter geschwärzt, das Moos das seine grünen Reflexe mitmischt und das blaue Himmelslicht mal gelblicher, mal bläulicher färbt. Die starken Kontraste! Aus völliger Dunkelheit und Schwärze kommt man in einen lichtdurchfluteten Hof, man wandert einen Gang entlang dessen eine Seite zwar komplett offen ist aber das Licht durch hübsch verzierte Steinstäbe rhythmisch und konstant unterbrochen wird und so ein zauberhaftes Spiel aus Licht und Schatten entsteht. Licht und Schatten. Farbreste an den Säulen und Wänden lassen einen das frühere Erscheinungsbild erahnen. Keine Wand war wohl unverziert geblieben, alles war geschmückt und gefärbt und gefeiert! Imposant! Hohe, heute bemooste Wände die in Spitzbögen enden, verzierte Türrahmen, Fensterrahmen, geschwungene, geschmückte Dächer: All das aus einem einzigen Material. Alles Stein. Kunstvoll. Wiederholungen, Staffelungen. Man könnte meinen dieses Gebäude sei eine Skulptur. Eine wunderschöne Skulptur!
Eines der ungewöhnlichsten Objekte in Angkor Wat scheinen aber ein mit Lennonbrille und im Karateanzug gekleideter tätowierter Europäer und seine Dreadlock-Fotografin gewesen zu sein. Von uns wurden so viele Fotos gemacht dass wir im Grunde auch hätten Eintritt nehmen sollen. Irgendwann war uns das leider zu stressig und wir hatten zu wenig Zeit um noch länger da zu bleiben, so gingen wir zurück zu unserem TukTuk-Fahrer der uns zu der nächsten Anlage fuhr. Die Sumpflandschaft um uns herum war magisch, das grüne Licht von oben und unten, die Zikkaden, die Affen die durch die Bäume springen oder am Straßenrand sitzen, Lotusblumen im Wasser, riesige Schmetterlinge, Steinskulpturen, unter uns knarzende Holzbrücken, fein geschmückte Elefanten mit ihren Mahouts, rote Erde, Wasser das aus Himmel und Wolken zu bestehen scheint, spiegelglatt, von Farnen und Lotus und Lilien umrahmt. Die Ruine eines weiteren Tempels spiegelt sich mystisch im Wasser während wir unseren Fahrer ausfragen und bitten uns in die Khmerküche einzuweisen. Er fährt uns zu einem Restaurant in der Tempelanlage und wir laden ihn ein mit uns zu essen.
Er erklärt uns das er positiv überrascht ist, da wir die ersten Gäste seien die ihm Wasser und Cola kaufen und zum Essen einladen, und er arbeitet schon jahrelang als Tuktuk-Fahrer. Ich frage ihn nach seiner Geschichte, nach seiner Familie, seinen Eltern und seinem Job und wir erfahren leider viele sehr unschöne Dinge. Seine Eltern wurden Opfer der Roten Khmer in den 70er Jahren und gehören zu den schätzungsweise 30% der Bevölkerung die unter der Herrschaft von Pol Pot massakriert wurden. Später erfuhren wir das er als Waisenkind anschließend in einem Kloster aufgewachsen sei, zum Mönch wurde und er daher so gut englisch sprach. Als er seine Frau kennengelernt hat verließ er das Kloster, heiratete und zog mit ihr ins Haus Ihrer Eltern. Sie haben zwei Kinder, ein 6 Jahre altes Mädchen und einen vier Jahre alten Jungen. Auf meine Frage nach der Schulbildung in Kambodscha und speziell seiner Kinder erzählte er uns dass es zwar keine Schulpflicht gäbe, er aber nichts lieber täte als seinen Kindern eine Schulbildung zu ermöglichen. Dies kostet aber ca 30 $ pro Monat und Kind. Er erzählte uns fröhlich dass, wenn er täglich soundso viele Stunden arbeitet, er und seine Frau besonders sparsam sind und es keine Krankheiten oder anderweitigen Schwierigkeiten gibt, kann er seiner ältesten Tochter wohl ein paar Monate Schulbildung bezahlen. Ansonsten versuche er Ihnen so viel es geht selbst beizubringen. Das Essen ist köstlich. Ich erinnere mich an Bilder die ich in Dokumentationen über Kambodscha gesehen habe, an die unmenschlichen, brutalen, perversen Tötungsmethoden mit denen die Roten Khmer vorgegangen sind und trinke dabei kühles Bier und esse Reis mit Hühnchen, Chili, Kokos und Limette. Ich habe Szenen in meinem Kopf in denen Kleinkinder bei den Haaren gepackt und gegen Baumstämme geschleudert werden, alle zwei Sekunden ein neues, eins nach dem anderen, und blickte dabei auf das Strahlende Gesicht unseres Tuktuk-Fahrers wie er sich hundert Mal für das Essen bedankt und wir ihn überzeugen müssen ein Bier mit uns zu trinken obwohl er arbeitet und fahren muss, während um uns die Zikkaden surren, Kinder im Sand malen, in Kambodscha, in Angkor Wat. Extrem. Polarisierende Situation.
Er bedankt sich wieder für das Essen und unsere Freundlichkeit. Wir finden es traurig dass es für andere Touristen nicht selbstverständlich ist einen Mann der einen den ganzen Tag bei 45°durch die Gegend fährt und führt nicht wenigstens etwas Wasser zu kaufen. Unser Fahrer fährt uns durch das Geistertor mit in Stein gehauenen Gesichtern, über eine alte Holzbrücke zu einer Ruine auf der atemberaubende und geradezu groteske Bäume wachsen. Kann man das irgendwie beschreiben??? Ich denke nicht, da müssen ein paar Bilder her:-) Mein Meister zieht für ein kleines Shooting an diesem Fabelhaften Ort seinen Kung Fu Anzug an und läuft „meinen“ Beijing Quan während unser Fahrer und ich fleißig Fotos machen. Es ist schon eine bemerkenswerte und unwiderstehliche Szene an den mächtigen Wurzeln dieser imposanten auf alten Ruinen wachsenden Bäume einen großen Meister Kung Fu Modelle laufen zu sehen.
Der eindrucksvollste Tempel war jener der aus dem Film Tomb Raider bekannt ist. Die Ruinen sind zwar noch weitesgehend erhalten und alleine schon wunderschön und atemberaubend, die Natur hat sich allerdings einen bedeutenden Teil des Ortes zurückerobert. Bizarre Szenen tun sich vor einem auf. Riesige Bäume mit mächtigen weitverstrickten Wurzeln wachsen, wuchern auf hartem, altem, roten Stein. Die Bäume umarmen, umschlingen, vereinnahmen grade zu die Reste der Gebäude. Ein zauberhaftes Spiel aus Licht und Schatten und ein eindrucksvoller Kampf zwischen Natur und Kultur ist zu beobachten. Das Licht ist mal rot vom Stein, mal grün vom Moos und den Blättern der Bäume, mal gelblich wenn sich beides vermischt, mal strahlend hell wo die Sonne durch das Blätterdach durchkommt, mal völlig abgedunkelt wenn man sich im inneren der Ruinen befindet. Bewachsende Reliefs, weiße Wurzeln, kunstvolle Stuckarbeiten, mächtige umschlingende Bäume, hohe Räume, grünes, sich überall ansetzendes Moos. Man spürt abwechseln die Kraft und Stärke der Natur und dann wieder die friedliche Einnahme. Ein wirklich zauberhafter, fabelhafter, märchenhafter Ort. Wenn ich Feen sehen würde, wäre ich überhaupt nicht überrascht, während ich traurig beobachte dass die meisten Touristen den Ort größtenteils nur abklappern und versuchen möglichst schnell zu dem weißen Baum am Türbogen zu kommen und sich wie Angelina Jolie im Film fotografieren zu lassen. Was steckt dahinter sich an solchen Orten Fotografieren zu lassen? Warum muss man selbst auf das Bild? Damit man einen Beweis hat dagewesen zu sein? Weil es nur darauf ankommen diesen Punkt auf einer Travel-to-do-Liste abzuarbeiten? Weil es eine Machtdemonstration ist? Man beherrscht diesen Ort indem man sich davor stellt und praktisch als Imperator ablichten lässt. Wenn es auf einem Foto um mich oder weitere Personen geht dann gehören diese Personen auf das Bild, wenn es um eine Landschaft, ein Gebäude, eine bestimmte Szene geht, dann muss da kein Mensch mit nem Peacezeichen in den Vordergrund a la „Ich war da“. Da ist dieser umwerfende, mächtige, erhabene Baum mit seinen schneeweißen netzartigen Wurzeln und umschließt dieses gemeißelte steinerne Tor in einer wirklich poetischen, lyrischen, märchenhaften Geste ,- und nun stellen sich reihenweise ignorante, egoistische Touristen respektlos davor, sehen gar nicht was da vor ihren Augen ist, nehmen diese Szene nicht mal richtig wahr sondern lassen sich einfach nur ablichten und ziehen wieder weiter. Ätzend sowas.
Ich erlebte meinen Meister an diesem Ort sehr ergriffen und ich freute mich nicht die einzige zu sein die diesen Ort so intensiv erlebt und spürt. Wir wandern sachte und fast bedächtig und staunend die verwunschenen Ruinen entlang, machen uns gegenseitig auf Besonderheiten aufmerksam, auf einen anmutigen Baum, auf die Farbe der Steine, auf das Surren der Zikkaden, das Flirren der feuchten Luft, auf Räucherstäbchenduft dem wir dann folgen und einen eingestürzten Gang den wir dort vorfinden. Mein Meister zündet selbst welche an. Wir sind uns einig das dies der fabelhafteste, heiligste und unwirklichste Ort ist an dem wir bisher gewesen sind. Ein neuer Ort für ein Stück meiner Seele.
Mit einem Gefühl von Zufriedenheit, Sattheit und Glück schlendern wir Richtung Ausgang zu unserem TukTuk-Fahrer und berichten Ihm von unserem unglaublichen Erlebnis. Er freut sich angesichts unserer Wertschätzung, wir kaufen uns allen noch etwas zu trinken und fahren wieder zurück zum Hotel da wir für zwei Uhr bereits von einem Taxi erwartet werden dass uns zurück zur Grenzen im Norden bringen soll. Wir haben während unserer Gespräche unseren TukTuk-Fahrer lieb gewonnen und er uns offenbar auch. Er war sehr offen und ehrlich zu uns, hat uns viel über seine Familie, sein Land und sein Leben dort erzählt und uns eingeladen ihn wieder zu besuchen wenn wir wieder in Kambodscha sind. Unser Abschied war lang. Mein Meister hat ihn ins Herz geschlossen, hat seine Nummer genommen und versprochen sich bald wieder zu sehen. Im Hotel angekommen wartete unser Taxi schon auf uns. Wir stiegen ein, versicherten uns nochmal das wir an die Grenze im Norden wollen was der Taxifahrer mit „Yes-Yes“ quittierte, und schliefen aufgrund unserer Müdigkeit und der vielen intensiven Erlebnissen praktisch sofort ein. Ungefähr eine Stunde später wachte ich von einem seltsamen Gefühl geführt auf und guckte auf meinem Handy per GPS sicherheitshalber mal nach wie weit wir schon gekommen sind. Weit! Allerdings zur völlig falschen Grenze! Ich erinnerte mich noch mir mal gesagt zu haben einem „yes-yes“ niemals zu trauen, zeigte dem Fahrer mein Handy mit den GPS Daten und erklärte das er uns grade über eine Stunde zur falschen Grenze gefahren hat was er lächelnd mit einem „yes-yes“ quittierte. Mein Meister wachte auf und transformierte sich vom müden, zufriedenen, glücklichen Reisegefährten zur wütenden, kontrollierenden und gebietenden Kampfmaschine, darauf aus alle Hebel in Bewegung zu setzen um uns so schnell es geht zur richtigen Grenze zu bringen. Wir hatten glücklicherweise noch die Nummer von unserem wundervollen TukTuk-Fahrer der fabelhaftes englisch sprach und uns bei den Verhandlungen mit dem Taxifahrer helfen könnte. Es stellte sich heraus dass das Hotel offenbar falsch rumorganisiert hat und die Grenzen vertauschte. Unser Taxifahrer fährt aber explizit nur zu der grade angesteuerten und hat absolut keine Ahnung wie man zur anderen kommt. Zusätzlich macht er sich angesichts der Kampfmaschine neben mir sorgen für seine Fahrt und den teuren Sprit bezahlt zu werden, und unser TukTuk-Fahrer vermittelt gekonnt um uns nun wieder zurück ins Hotel zu fahren. Wir schaffen es gemeinsam den Taxifahrer zu beruhigen dass er sein Geld bekommt und uns zurückfahren soll. Er konnte nix dafür, das Hotel allerdings schon. Wir ebenso. Wir hätten einfach besser aufpassen und alles nochmal abchecken sollen. Is ja schließlich Kambodscha hier. Nach einer Stunde wieder am Hotel angekommen rufen wir nochmal unseren Freund an, bezahlen das Taxi, setzen uns erst mal in Ruhe in ein Cafe dem Hotel gegenüber und bestellen einen schönen Eiskaffee. Unser Tuktuk-Fahrer erreicht uns vor noch vor dem Kaffee, regelt alles mit dem Hotel, beruhigt uns und bietet uns an bei sich und seiner Familie zu übernachten. Er kümmert sich dann darum dass wir morgen früh von seinem Zuhause aus abgeholt und zur richtigen Grenze gefahren werden und wir sollen uns keine Sorgen mehr machen. Wir sind wahnsinnig dankbar für seine Hilfe, nehmen seine Einladung an und überlegen was wir der Familie als Gastgeschenk mitbringen könnten? Er ruft seine Frau an und gibt nur die Anweisung alles für unsere Ankunft vorzubereiten und ein Essen zu kochen, wir sollen uns wieder um nichts Gedanken machen. Dankbar, müde, neugierig, aufgeregt und sprachlos angesichts seiner selbstlosen Hilfsbereitschaft und Gastfreundlichkeit sitzen wir nun wieder um TukTuk, die Sonne ist untergegangen, wir fahren 26 km durch Dörfer und Landschaften und denken uns: Jetzt werden wir bei einer Kambodschanischen Familie übernachten. Da hätten wir doch fast das Land verlassen ohne das Land überhaupt gesehen zu haben. Quentin Tarantino Feeling überkommt uns und wir fahren fast euphorisch und glücklich nach einem sehr intensiven Tag durch Kambodscha. In einem Tuk Tuk. Bei einem ehemaligen Mönch. Zu ihm Nachhause. Klar.
Er, seine wunderschöne zierliche Frau und seine beiden Kinder wohnen bei seinen Schwiegereltern, denn ein eigenes Haus kann sich die Familie nicht leisten. Seine Frau hat bereits das Elternschlafzimmer für uns hergerichtet und ein wunderbares Essen gezaubert. Wir hätten auch im Hauptzimmer mit allen anderen geschlafen aber das ließen sie nicht zu. Das Haus war sehr simpel. Betonboden, eine Hängematte, ein Fernseher, Leuchtstoffröhren. Es gab ein frisch geschlachtetes Hühnchen, Reis, Gemüse und einen fabelhaften Dipp den wir uns zu eigen gemacht haben. Rezept darf nur erraten werden heißt die Regel. Kaffe, Bier, alles was die Familie zu bieten hatte wurde für uns aufgetischt und wir wusste gar nicht wie wir uns jemals dafür erkenntlich zeigen könnten, waren gerührt, dankbar, angesichts dieser Herzlichkeit fast beschämt. Wir fragten weiter nach der Situation des Landes, der Familie, des Berufes als TukTuk-Fahrer und man erklärte uns dass das TukTuk nur gemietet ist. Die Firma berechnet Monatlich ca 50 US $ für die Nutzung, plus einem prozentualen Anteil an den Einkünften. Sie verlangt das Geld manchmal früher, manchmal später, sodass die Familie sich öfter Geld von den Nachbarn leihen muss um die Gebühr zu zahlen und ihre Lizenz nicht zu verlieren. Zudem muss das TukTuk jeden Abend wieder in der Zentrale abgegeben werden, und unser Freund muss zusehen wie er die 20 km zurück heim kommt. Wir fragten was es denn kosten würde so ein TukTuk zu kaufen um nicht auf die Firma angewiesen zu sein, und man erklärte uns es sei fast unmöglich so viel Geld anzusparen. Ein Neues koste um die 800 $, ein altes wie das welches der Fahrer zur Zeit fuhr, um die 300 $. Mein Meister und ich wechselten einen Blick und wussten beide wir würden dieser Familie ein TukTuk kaufen! Wir kratzen später unser Geld zusammen und beschlossen es ihnen kurz vor Abfahrt zu überreichen. Das Frühstück fiel wieder unüblich üppig aus, und es wurde bereits ein Fahrer für uns organisiert der uns zur Grenze bringen sollte wo unser Mietwagen auf uns wartete. Kurz vor unserer Abreise redeten wir mit der Familie, erklärten unseren Plan und übergaben ihnen das Geld mit der Perspektive dafür dieses TukTuk zu kaufen und mit dem gesparten Geld die Schulbildung der beiden Kinder zu finanzieren. Wie soll ich die Reaktion beschreiben??? Übersetzungen, Ablehnung, Annahme, Lachen, Tränen, Umarmungen, Lachen, Tränen, Übersetzungen, Fotos, Tränen…. Es gibt Dinge und Situationen da weigere ich mich es zu beschreiben, in Worte zu fassen, oder zu Fotografieren oder zu malen. Wir haben eine Familie in Kambodscha gefunden, einen Bruder dem wir helfen konnten, der uns nun jede Woche schreibt, Fotos schickt, von seinem neuen TukTuk, von seinen Kindern die in die Schule gehen, uns immer und immer wieder einlädt ihn wieder besuchen zu kommen, der uns ganz Kambodscha zeigen möchte, sich immer und immer wieder bedankt und nach uns fragt, wie es uns geht, wo wir sind, was wir tun, wann wir wieder kommen, der uns seinen Bruder und seine Schwester nennt.
„Sei ein Segen für die Menschen in deiner Umgebung“
az sie poplakalem. tata
Wow, tolle Geste von Euch, so hilft man Menschen nachhaltig! Dein Blog ist klasse, es ist erfrischend wenn sich jemand wirklich mit den Menschen und der Kultur auseinandersetzt und nicht nur die Sehenswürdigkeiten abhakt. Alles Gute weiterhin Marcela!
Dein Bericht ist wie erwartet großartig, aber die Geste.. was sage ich – Eures Mitgefühl und beispielhafter Einsatz für die ganze Familie und die Zukunft ihrer Kinder, ist nicht nur beispielhaft sondern heldenhaft und ein Zeichen von großer Liebe, die Euch erfüllt und aus Euch sprudelt.. die Rolle der Engel steht Euch gut und ich wünsche.. ich wünsche, dass viele Menschen davon erfahren und sich ein Beispiel daran nehmen 🙂 In Liebe, Deine Dich liebende Schwester Ola